Die Generation Z im Blick: Wolf Lotter

DIE FLEISSGESELLSCHAFT IST AN IHR ENDE GELANGT

Wie kann man die GenZ begeistern? Das ist die eine Frage. Die andere: „Warum sollte man das?“, fügt Wolf Lotter, Key Note-Speaker-Journalist und Autor, an. „Personaler würden jetzt antworten: Weil wir sie dringend im Job brauchen, weil die Babyboomer in Rente gehen. Aber das ist eine ziemlich einfältige Antwort, denn einer ganzen Generation pauschal zu unterstellen, Sie wäre großartig, nur weil man ein Loch stopfen muss, zeugt nicht gerade von Weitblick.“

„Die erste Frage, die ich stellen würde: Was ist das eigentlich, diese Generation Z.“, sagt er. „Ist das nicht, genauso wie bei Babyboomern, Generation Y, eine Erfindung von Beratern in Tateinheit mit Journalisten, die gerne pauschalieren? Und etwas für Leute, die nicht wirklich wissen wollen, was Persönlichkeit ausmacht? Das wäre meine erste Diagnose: Die Generation Z ist eine Konstruktion, an der wenig dran ist.“

Warum eilt der GenZ der Ruf voraus, „faul“ zu sein und viel Geld verdienen zu wollen (ohne viel Aufwand)?

Wenn einige jüngere Leute ständig lesen und hören, sie würden einer „Generation“ angehören, die etwas ganz Besonderes ist, ganz außergewöhnlich, aber eben nur, weil es weniger Menschen gibt, die in dieser Alterskohorte geboren sind, dann kann es vorkommen, dass die eine oder der andere sich dann frühzeitig enorm überschätzt. Dir Firmen haben wenig neue Konzepte für die Transformation und die neue Arbeit. Ein wahrer Kern ist allerdings dran: Gut ausgebildete junge Leute glauben im Gegensatz zu etwas älteren Menschen eher öfter, dass Fleiß, der für die alte Industriegesellschaft steht, nicht weiterträgt. Denken aber schon. Das ist der Grund, weshalb ich immer betone, dass dieser Unterschied von der Industrie- zur digitalen Wissensgesellschaft verstanden werden muss.

Das bedeutet?

Wir können heute mit Algorithmen vieles automatisieren, was bisher Büroarbeit war. Für Routinearbeit muss man fleißig sein. Fürs Denken muss man sich anstrengen wollen, auf eine ganz andere Art. Die Fleißgesellschaft ist an ihr Ende gelangt, Aktionismus durch braves Abarbeiten ist eine Tugend von gestern.

Wo findet man gute Kräfte der GenZ?

Wie immer und überall: Appellieren sie an Selbständigkeit und Selbstbestimmung. Wirklich gute Leute, die sie in der Transformation heute brauchen, sind keine Bürokraten und keine Mitläufer, keine Untergebenen und „Mitarbeitenden“, wie es euphemistisch heißt, sondern wollen was auf die Beine stellen.

Was braucht die GenZ, um gut zu arbeiten ­– psychisch und psychisch?

Freiräume, so wie Menschen in allen Generationen. Wissensarbeiter wissen über ihre Arbeit mehr als ihr Chef – hat Peter Drucker gesagt. Und das ist unschlagbar richtig. Auch junge Leute haben heute Kompetenzen, die andere, auch ihr Chef oder ihre Chefin nicht haben. In meinem Buch „Unterschiede“ habe ich das zusammengefasst: Es geht nicht um Alter, es geht um Persönlichkeit. Eine junge Mutter braucht andere Arbeitsbedingungen als ein 50-jähriger Kollege, dessen Kinder erwachsen sind. Trotzdem scheitern viele Unternehmen schon am Konzept Homeoffice kläglich, weil Manager zu kontrollsüchtig sind.

Welche Ressentments und Gewohnheiten müssen Babybommer und die Generationen X und Y ablegen, um zu einem guten Miteinander mit der GenZ zu gelangen?

Ich weiß, dass es gut wäre, wenn beide Seiten sich nicht vor den Karren eines künstlich aufgeblasenen Generationenkonflikts spannen lassen würden, und lieber daran arbeiten, dass wir die Transformation in die Wissensgesellschaft endlich auch kulturell richtig hinkriegen. Das Ressentiment ist die schlechte alte Angewohnheit, die Welt mit den Augen von Gestern zu sehen und Menschen danach zu beurteilen. Das gilt in beide Richtungen, von alt nach jung und umgekehrt. Hochmut, Arroganz und Vorurteil sind in allen Altersklassen dumm.